Der Reitsportverein am Maifeld e.V. ist gegen den geplanten Stadionneubau von Hertha BSC

Hertha BSC setzt sich mit seiner Stadion-Zukunft ab 2025 auseinander. In einer seitens des Fußballvereins durchgeführten Standortanalyse hat sich das Gelände direkt neben dem Olympiastadion als Favorit für den Fußballverein herauskristallisiert. Auf dem Gelände des teildenkmalgeschützten Lindenecks im Olympiapark ist seit 1994 der Reitsportverein am Maifeld e.V. beheimatet, der für den Stadion-Neubau weichen müsste. Als Traditionsverein und einziger Vielseitigkeitsverein des Landes Berlin sowie als ein im Kinder-, Jugend- und Behindertenreitsport engagierter Verein spricht sich der RSV am Maifeld vehement gegen einen Neubau des Stadions auf dem Gelände des Lindenecks aus und lehnt einen Umzug an einen anderen Standort ab, da dieser für den Verein und seine Mitglieder existenzbedrohend wäre.  

1. Juni 2022


Am 6. April 2022 hat Sportsenatorin Iris Spranger (SPD) das Gelände neben dem Maifeld als mögliche Standortoption für den Stadionneubau von Hertha BSC vorgeschlagen. Seit 1994 ist hier der Reitsportverein am Maifeld beheimatet, der erstmalig durch Medienberichte am 7. April 2022 von den Absichten Sprangers erfuhr. Am 19. Mai erklärte Spranger im Gespräch mit dem rbb24 Inforadio, dass dem Bau eines neuen Hertha-Stadions am Maifeld in Berlin-Charlottenburg nichts mehr im Wege stehe:
 
 

«Wir haben einen Standort und wir werden auch weiter an diesem Standort festhalten. […] Hertha wird dann dort auch ein neues Stadion bekommen. Natürlich kleiner, nicht so groß wie das Olympiastadion. Aber da gibt es jetzt keine Diskussion drüber. » - Iris Spranger (SPD)


 

Zahlreiche Politikerinnen und Politiker haben sich daraufhin skeptisch gegenüber Sprangers Aussagen geäußert. So gebe es viele offene Fragen zu klären, wie beispielsweise Anforderungen des Denkmalschutzes, des Umweltschutzes, der Verkehrserschließung oder der Finanzierung. Der Reitsportverein am Maifeld als direkt beteiligte Partei fühlt sich von den Plänen Sprangers überrumpelt und übergangen. Sprangers Aussage, nach der man in enger Abstimmung bei der Vorbereitung mit allen Beteiligten sei (rbb24 Inforadio, 19.05.2022) widerspricht der Reitverein vehement. Er ist zu keinem Zeitpunkt von offizieller Seite informiert oder in die Entscheidungsfindung involviert worden. [Anm. d. Red., 04/2024: Zwischenzeitlich haben entsprechende Gespräche stattgefunden und es besteht ein guter Austausch mit Beteiligten der Politik.]


 

Dazu Angela Siesslack, 1. Vorsitzende des Reitsportvereins am Maifeld: 
„Wir sind fassungslos und verärgert, wie hier mit uns umgegangen wird. Von den Verantwortlichen hat bisher noch niemand mit uns gesprochen, wir haben aus der Presse von dem Vorhaben erfahren. Als gemeinnütziger Traditionsverein sind wir nicht nur Betreiber einer Reitsportanlage, sondern kommen auch sozialen Verpflichtungen nach und ermöglichen Teilhabechancen. Ein Verdrängen des Vereins ist nicht nur maximal unsportlich, sondern für uns existenzbedrohend und ein Verlust für die Gesellschaft. Außerdem ist es höchst fraglich, in der heutigen Zeit und unter dem Aspekt des Klimaschutzes eine solch Grüne Oase und alten Baumbestand einfach plattmachen zu wollen.“

Sollte der Stadion-Neubau genehmigt werden, müsste der Reitverein umziehen. Das hätte weitreichende Konsequenzen:

 


  1. Zerschlagen von Traditionen, etablierten Strukturen sowie Verknappung des Trainingsangebots für Berliner Reiter*innen
    Der RSV am Maifeld ist seit 28 Jahren der einzige Vielseitigkeitsverein mit Geländestrecke in Berlin. Auf vier Hektar Fläche bieten sich beste Möglichkeiten zur Aus- und Weiterbildung von Pferd und Reiter*in. Als Verein richtet er mindestens einmal jährlich ein großes Dressur-, Spring- und Geländeturnier auf nationaler Ebene aus. Zudem bietet er regelmäßig Lehrgänge, Seminare und Weiterbildungsmöglichkeiten mit renommierten überregionalen Experten aus Fachkreisen an. Der Verein hat sich aufgrund der zentralen Standortlage und der Kombinationsmöglichkeiten der drei Disziplinen Dressur-, Spring- und Geländereiten über die Landesgrenze hinaus etabliert.
     
     
  2. Wegfall der Berliner Nachwuchsförderung
    Für die jüngsten Reiter*innen bietet der RSV am Maifeld Longen- und Führzügelstunden sowie Einzelunterricht an. Aktuell erlernen 70 Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene im Alter von 3 bis 71 Jahren den Umgang mit dem Pferd und das Reiten. In regelmäßigen Abständen wird die korrekte Ausbildung im Rahmen von Turnierteilnahmen und dem Ablegen von Reitabzeichen überprüft. Auch bestehende Kooperationen mit sozialen Einrichtungen wie Kindertagesstätten würden unter einem Umzug leiden.
     
     
  3. Wegfall von sozialen Angeboten und Teilhabechancen 
    Als gemeinnütziger Verein vertritt der RSV am Maifeld die Idee einer Gesellschaft, in der alle Menschen gleichermaßen teilhaben können. Das bezieht sich auch auf das Öffnen des Reitsports für Menschen mit Handicap, Zuwanderungsgeschichte sowie aus sozial benachteiligten Schichten. Auch Klient*innen mit Traumaerfahrungen, Burn Out oder Kinder mit Erziehungsschwierigkeiten finden beim RSV am Maifeld einen Platz. Aktuell nehmen 20 Personen im Alter von 3 bis 50 Jahren das Angebot des therapeutischen Reitens wahr und werden von geschultem Fachpersonal auf speziell ausgebildeten Pferden betreut. Der Verein begleitet Klient*innen zum Teil seit über 25 Jahren.
     
     
  4. Wegfall von FÖJ-Stellen und Arbeitsplätzen 
    Der Reitsportverein am Maifeld ist Arbeitgeber für zwölf hauptamtlich Beschäftigte und vier freiberufliche Trainer*innen. Da viele Kund*innen an den Standort des Vereins gebunden sind, ist ein Wegfall desselbigen massiv existenzbedrohend. Als anerkannte Einsatzstelle des Freiwilligen Ökologischen Jahres (FÖJ) werden beim RSV am Maifeld seit über 20 Jahren jährlich zwei bis drei junge Menschen U27 an die Arbeit mit den Pferden, die Landschaftspflege und an wichtige Aspekte des Umweltschutzes herangeführt und partizipativ eingebunden.   
     
     
  5. Entstehung eines wirtschaftlichen Schadens des Vereins durch den Verlust von Mitgliedern und Einstellern 
    Durch seinen Standort in Berlin-Charlottenburg ist der RSV am Maifeld optimal mit dem Auto, dem Fahrrad sowie mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Für viele seiner Mitglieder ist die Standortlage ein wichtiges Auswahlkriterium. Ein Umzug des Vereins würde unweigerlich zu Verlusten von Mitgliedern und Einstellern führen.
       


  6. Wegfall der „grünen Lunge des Olympiaparks“
    Als Reitanlage auf dem Olympiaparkgelände bietet der RSV am Maifeld entgegen der fortschreitenden Globalisierung und Verstädterung auf vier Hektar viel Grünfläche, alten Baumbestand und stehendes Gewässer, die Heimat für viele Tierarten sind. So sind neben den Pferden auch zahlreiche Fledermäuse, Schwalben und Kröten beheimatet. Der Baumbestand ist mindestens 80 Jahre alt, zum Teil denkmalgeschützt und Bestandteil eines Gartendenkmals, das ein Jahrhundert deutscher Sport- und Architekturgeschichte repräsentiert. Ein Stadion-Neubau auf dem Gelände des Lindenecks würde voraussetzen, dass ein wichtiger Bestandteil unseres Ökosystems - nicht zuletzt durch die geplante Rodung der Lindenallee - zerstört würde.

 



Ein vergleichbares innerstädtisches Areal, das die Kriterien Standort, Erreichbarkeit und Größe erfüllt, existiert aus Sicht des Reitsportvereins nicht. Ein Umzug wird daher abgelehnt.



Neben den oben genannten Gründen kritisiert der Reitsportverein entschieden die Art der Kommunikation. Als direkt beteiligte Partei in der Stadionfrage und Standortfindung fordert er einen gemeinsamen Austausch und das Berücksichtigen seiner Interessen.


 

Weitere Informationen:

Der Reitsportverein am Maifeld ist gemeinnützig und Betreiber einer gleichnamigen Reitsportanlage auf dem Olympiapark-Gelände in Berlin. Er ist seit 1994 Trainingsstützpunkt Vielseitigkeit des Landesverbands Berlin und Brandenburg und richtet Vielseitigkeits- und Geländeturniere aus. Ein besonderer Fokus liegt auf der Ausbildung von Kindern und Jugendlichen in den Disziplinen Dressur, Springen und Geländereiten. Als gemeinnütziger Verein bietet der RSV am Maifeld seit über 30 Jahren Therapeutisches Reiten für Menschen mit Handicap, Zuwanderungsgeschichte und aus sozial benachteiligten Schichten an. Der Verein ist gleichermaßen leistungsorientiert und sozial engagiert. 
 
 
 

Kontakt:
Angela Siesslack (1. Vorsitzende) 
Tel: +49 152 08 55 20 32
E-Mail:
info@reitsportverein-maifeld.de


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